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Journal

2012-11-27

Der alltägliche Faschismus

Wer jetzt einen Bericht aus dem Leben des Blockwarts von Neureut erwartet, auch bekannt als der wachsame Nachbar, den muss ich leider enttäuschen. Der alltägliche Faschismus kommt nämlich ganz ohne Personal, also ohne Faschisten aus. Und natürlich begegnet er einem im Straßenverkehr – wo auch sonst? Aber nicht belehrend hupende Autofahrer oder andere der üblichen Verdächtigen sind das Übel, sondern kleine, fast unsichtbare Schilder mit grüner Schrift.

Diese grüne Schrift auf weißem Grund hat sich nämlich für die Beschilderung von Radwegen etabliert. An sich ist das ja was durchaus positives, wenn ich aus Durlach rausfahre und weiß, dass ich noch 26 Kilometer bis Pforzheim vor mir habe. Aber heute starrte mich doch tatsächlich ein Schild mit der Aufschrift "Alle Richtungen" an. "Häh? Ich will aber wissen, ob ich durch diese blöde Unterführung nach Grötzingen oder nach Durlach komme. Ich will ein Schild lesen, auf das ich innerlich als mündiger Bürger 'Ja, richtig' antworten kann." Als Radfahrer, der an jeder dritten roten Ampel die konkret gelebte Anarchie am Leben erhält, ist mir nichts mehr zuwider als ein stumpfes, befehlendes "Da lang!" Für Autofahrer mag das ja noch angehen, die haben sich ja eh dem kaum kaschierten Faschismus der Verkehrsregeln unterworfen. Achtung, wenn Verkehrsregeln als faschistisch bezeichnet werden, heißt das nicht, dass sie allesamt unsinnig wären. Es kommt aber nicht nur darauf an, was sie bewirken -- eben die Regelung des Verkehrs – sondern auch, was sie an Empfindungen hervorrufen. Und das sind eben bei den meisten Menschen die unangenehmsten Unterdrückungsgefühle. Vor allen Dingen weil der normal-sterbliche Radfahrer eben nicht mal schnell einen U-Turn hinlegt und die 3 Kilometer zurückfährt, wenn er feststellt, dass bei alle Grötzingen eben doch nicht dabei war.

Die Lösung findet sich in dem, was die Münchner Lach- und Schießgesellschaft mal irgendwann in den 80-ern formuliert hat: Ich bin für Selbstbeherrschung als kleinstmögliche Form von Faschismus. Und daran halte ich mich. Vor allen Dingen dann, wenn ich mal wieder vor einer roten Fahrradampel stehe, während die Autos, die in der gleichen Richtung wie ich unterwegs sind, ungerührt über die grüne Ampel fahren. Keine Ahnung, warum das so sein muss, dass die Fahrradampeln solange rot sind, bis jemand vorbei kommt und auf den Ruftaster drückt. Wieso können die nicht synchron zu den Autoampeln auch auf grün schalten. Verbraucht das rote Ampellicht weniger Energie? Oder haben sie die Ampeln so billig eingekauft, dass sie jeden Schaltvorgang einsparen müssen, weil sonst die Lebenszeit um ein Drittel zurückginge?

Ich finde schon, dass das Selbstbeherrschung ist, dass ich an so einer Ampel noch nie den Baseball-Schläger ausgepackt habe, und in wildem Amoklauf auf den Ruftaster eingeprügelt habe.

RolF

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Comments on 2012-11-27

Add your comment here. Recht hast Du!

DiNo 2013-01-17 20:47 UTC


Wer die exif Information vom Bild auslesen kann, merkt natürlich, dass das kein aktuelles Bild ist … und auch keines, das in Karlsruhe gemacht wurde. Is ja auch klar, einzelne Baucontainer gibt's da momentan nicht. Wenn dann sind das immer gleich ganze Baucontainer-Siedlungen.

Bleibt also die Frage, was macht DiNo in Nürnberg? Oder vielleicht gibt es doch einen Doppelgänger, von dem wir nix wissen?

RolF 2013-01-17 23:20 UTC


Da hat doch jemand tatsächlich nach den exif-Informationen geschaut. Aber hey, vielleicht wurden die ja auch schon manipuliert…? Fragen über Fragen - jedenfalls war ich schon sehr lange nicht mehr in Nürnberg. Und das letzte Mal habe ich jedenfalls nicht mit Containern gespielt!

– Anonymous 2013-01-18 19:36 UTC

2012-11-23

Neues von der Gebühreneinzugszentrale

Im Januar 2013 kommt die Haushaltsabgabe statt den bisher üblichen Gebühren für Rundfunkgeräte. Das erstaunliche dabei ist, dass eine WG als ein Haushalt zählt. Nach der ersten Ankündigung dieser neuen Abgaberegelung vor einem Jahr oder so (hm, oder so braucht ziemlich viel Spielraum, denn der erste Kommentar dazu auf diesem Wiki datiert vom 2010-06-10) war ich mir nämlich ziemlich sicher, dass da so lange dran rumgebogen wird, bis WGs doch wieder aus dem "Ist ein Haushalt" Raster raus fallen.

Meinen Frust darüber, dass meine Dixie-Idee mit der gemeinsamen Toilettennutzung als Haushalts-Kriterium nicht aufgegriffen wurde, habe ich inzwischen überwunden. Es gibt nämlich da eine nette Broschüre mit dem griffigen Titel Informationen zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht und zur Ermäßigung des Rundfunkbeitrags, die auf http://www.rundfunkbeitrag.de/service/haeufige-fragen.shtml#zutun-befreiung-beantragen herunter geladen werden kann. Ein Teil davon besagt:

Anspruch auf Befreiung habenErforderlicher Nachweis
Empfänger von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungs-förderungsgesetz (BAföG), die nicht bei den Eltern wohnen aktueller BAföG-Bescheid/Bescheinigung der Behörde über den Leistungsbezug
Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach den §§ 99, 100 Nr. 3 SGB III a. F. (neu: §§ 114, 115 Nr. 2 SGB III) oder nach dem Vierten Kapitel, Fünfter Abschnitt SGB III a. F. (neu: Dritten Kapitel, Dritter Abschnitt, Dritter Unterabschnitt SGB III), die nicht bei den Eltern wohnen aktueller Bewilligungsbescheid/Bescheinigung der Behörde über den Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
Empfänger von Ausbildungsgeld nach nach § 104 ff. SGB III a. F. (neu: § 122 ff. SGB III), die nicht bei den Eltern leben aktueller Bewilligungsbescheid/Bescheinigung der Behörde über den Bezug von Ausbildungsgeld nach § 104 ff. SGB III a. F. (neu: § 122 ff SGB III)

Soll heissen wir sind auf der Suche nach BAFöG Empfängern. Denen können wir nämlich das Zimmer 17,98 Euro billiger anbieten. Denn wenn er sich bei der GEZ für unsere WG anmeldet, fallen eben diese 17,98 für die Gesamtheit weg. Moment, klassischer Denk- und Rechenfehler, wir anderen bezahlen ja durch den Wegfall der Gebühr nur jeweils 4,50 Euro weniger. Nur das, was wir anderen nicht mehr an die GEZ bezahlen müssen, bezahlen wir als Wohnungszuschuss und gelebte soziale Verantwortung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips an den neuen, und das sind halt nur 13,50 Euro. Und eben auch nur für den ersten. Dessen Nachfolger oder Nachfolgerin bringt uns ja keine Ersparnis. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Er müßte an jeden der 3 anderen wieder vier Euro Fuffzich abdrücken, falls er kein BAFöG bekommt, weil eben das unser finanzieller Nachteil ist, wenn wir ihn bei uns einziehen lassen.

Wenn das nicht geil ist! Ich formuliere das noch mal neu und komprimiert: Ich muss nur einmal einen Studenten mit Bafög-Anspruch finden, und dann muss ich nie mehr GEZ bezahlen! Naja, solange ich eben nicht aus der WG ausziehe.

RolF

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Comments on 2012-11-23

Hey Rolf, cool, willst du damit sagen, dass du - sobald du einen Bafög-WG-Mitbewohner gefunden hast, du bzw. ihr alle zusammen 17,98€/Monat sparst? Bzw. 215,76€/Jahr, oder anders ausgedrückt, 2157,60€ in 10 Jahren, oder nein, besser 3236,40€ in 15 Jahren, oder ne, nochmal anders, 6472,80€ in 30 Jahren oder…. Hey, Cool !!

Bis bald! Viele Grüße Marc

MaRc 2012-11-23 14:51 UTC

2012-05-26

Unbedingt weiterlesen

Der geneigte Leser wird sich fragen, was die eben gelesene Überschrift auf solch einem seriösen Medium wie diesem Wiki zu suchen hat. Sowas ist man doch eher von den hinlänglich bekannten Spam-Mails gewohnt. Zwei Dinge gibt es dazu zu sagen:

  • Erstens ist der geneigte Leser ohnehin jemand, den es auf diesem Wiki gar nicht gibt. Wobei ich mich da jetzt frage, wieso dieser Held aus alten Zeiten noch keine Würdigung auf der Seite für manieristischen Konservatismus EsGibtEinRechtAufSchund gefunden hat.
  • Zweitens hat die Redaktion in seltener Übereinstimmung mit dem Herausgeber beschlossen, dass es angesichts des radikalen Leserschwunds mal an der Zeit ist, kräftig die Werbetrommel zu rühren. In eigener Sache natürlich, nicht dass da jemand meint, das sei jetzt der totale Ausverkauf und das Ende der Unabhängigkeit.

Nur falls es niemand gemerkt hat, der Grund zum Weiterlesen kommt erst jetzt: Aus gut informierter Quelle und zusätzlich abgesichert von umfangreicher Recherche haben wir die Zahlen von der Lottoziehung heute abend erhalten:

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Klar, dass wir dem klassischen Journalisten-Ethos verpflichtet sind und den Namen unseres Informanten nicht Preis geben können. Allerdings ist es ein bisschen schade, dass er uns nicht die Zahlen der Ziehung vom 1.April gegeben hat. Was natürlich nicht weiter verwunderlich ist, denn ein Blick in den Kalender verrät, dass der 1.April in diesem Jahr ein Sonntag war. Nicht auszudenken, was da alles an Empörung und Vertrauensverlust hätte aufkommen können, wenn die Ziehung der Lottozahlen an einem 1.April abgelaufen wäre. Unser Informant hatte für diesen Gedanken übrigens nur ein lässiges Schulterzucken übrig: "Die deutsche Lottogesellschaft hat doch damals bei der Kalenderreform im 16.Jahrhundert eine nicht unerhebliche Summe an Papst Gregor fließen lassen."

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Comments on 2012-05-26

na, das hat ja jetzt doch nicht ganz so gut hingehauen mit der Prognose :-)

MaRc 2012-05-28 20:05 UTC

2012-03-10

Radikaler Umbruch bei den Tageszeitungen

Nicht nur, dass das BILD-Girl von Seite 1 verschwindet – wobei über das wohin bisher noch nicht berichtet wurde. Vielleicht taucht das Mädel ja nach englischen Vorbild auf Seite 3 wieder auf. Heute morgen am Kiosk konnte ich mich nur vom Verschwinden überzeugen, bis auf Seite 3 zu blättern, wäre mir dann doch zu peinlich gewesen, samstags ist der Menschenandrang dank Lotto nämlich erheblich größer als sonst.

Also habe ich mich bemüht, den Intellektuellen-Anschein zu wahren, und die taz gekauft. Und da ist der nächste Umbruch zu beobachten, vielleicht ging er aber auch der Kehrtwende bei der BILD voraus. Weiss ich nicht so genau, ich kaufe und lese die taz ja nur in unregelmäßigen Abständen. Das muss aber nicht sein, denn heute haben sie eine Werbepostkarte beigelegt für ein 10-wöchiges Probeabo für 10 Euro. Das wären sensationelle 16 Cent pro Ausgabe! Und das bei einer Zeitung, die notorisch nach neuen GenossenschaftlerInnen als Investoren nachfragt. Irgendwas kann da nicht stimmen. Vielleicht dass der übliche Satz "In den nächsten 2 Wochen bekommen Sie unsere Zeitung in den frühen Morgenstunden bequem nach Hause zugestellt." fehlt? Man hat zwar dann ein Abo über 10 Wochen, muss sich die Zeitung aber selber jeden Tag bei der Druckerei in Berlin, Hamburg, Frankfurt und wo die taz sonst noch alles in Druck geht abholen. Respekt, das ist mal eine richtig gute Geschäfts-Idee. Eigentlich sollte ich das auch machen: Ich gebe die Zeitung Tuvalu-News raus und verkaufe dafür 3 Monats-Abonnements an die geneigten Leser in Deutschland. Die jeweiligen Ausgaben müssen sie sich halt auf der Südsee-Insel selber abholen. Und wehe, es kommt jemand auf die Idee, sich darüber zu beschweren! Beim Babos war's doch genauso: Da konnte man Pizza, Döner oder frittiertes Hähnchen auch nur bestellen, abholen musste man selber. Wieso gibt's den Babos eigentlich nicht mehr? Klare betriebswirtschaftliche Diagnose: Weil er's verpennt hat, ein Abo-System einzuführen! Kaum weniger verzeihlich als der Fehler von den Griechen, die es damals versäumt haben, sich die Rechte an Olympia zu sichern, dann säßen sie heute nämlich nicht so in der Bredouille.

In Anbetracht des anderen Windes, der aktuell in der Zeitungsbranche weht, sollte ich jetzt aber tunlichst korrekt anmerken, dass ich den Olympia-Gag aus der taz-Karrikatur von heute geklaut habe, sonst steht mir vielleicht doch eine Abmahnung ins Haus, die erste die von der taz initiiert würde. Und vielleicht sollte ich auch noch mit dem tatsächlichen Grund rausrücken, wie es zu den unglaublichen 16 Cent kommt. Auf der Karte gibt es eine Anmerkung im Kleingedruckten: "Das Angebot ist nur gültig bis zum 10. März 2012 und nur innerhalb Deutschlands." Also ab zum Bahnhof, mit dem ICE nach Berlin und die Karte direkt beim Verlag in der Rudi Dutschke Straße einwerfen – dann könnte es noch reichen.

Das mit den Abo-Klauseln bei der taz ist mir eigentlich weitgehend egal. Denn was nutzt mir ein Abo, egal ob 16 Cent pro Ausgabe oder irgendwelche x Euro, wenn ich keine Zeit habe, die Zeitung zu lesen. Wobei, wenn ich die jeden Tag in Berlin oder Frankfurt abholen müsste, dann hätte ich ja im Zug Zeit … Komisch, dass man sich so lange mit einem Abonnement beschäftigen kann, eigentlich wollte ich ja was zum Inhalt in der taz sagen. Da schaute mich nämlich heute auf der Seite 5 (und ich verkneif' mir jetzt eine Abschweifung, wieso Anzeigen auf ungeraden Seiten teurer sind als auf geraden) eine Drittel-Seite Werbung in Farbe an. Und eben nicht eine Hinweis-Werbung für eine Veranstaltung im alternativen Umfeld, das gabt's ja schon immer, sondern ganz schnöde eine Werbung für einen Konzern, der "mehr als 600x in Europa" vertreten ist.

Ich glaube ich werf' die Postkarte doch noch in den Briefkasten und schreibe aber dann gleich mit drauf, dass ich mein 10-wöchiges Abo kündige, das ich noch gar nicht habe.

RolF

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Comments on 2012-03-10

Servus,

wie gewohnt, sauber recherchiert, knallharte Fakten gezogen, überparteilich bewertet. Quellen angegeben. Wie immer eine nette Lektüre für den Samstag Morgen. Da ich die Zeit habe, werde ich auch die taz nicht lesen können, da die Zeit dafür meist zu knapp ist. Leider.

Aber immerhin ein Indikator - wenns weder für die Zeit noch für die taz zu knapp ist, sollte man im Alltag etwas runterschrauben, weil - soviel Zeit für die Zeit muss schon sein. Und wenn dann noch was übrig bleibt, kann man sich ja am Kiosk zwischen den Lottospielern zur Bild vordrücken, die Hürriyet in die Hand nehmen, und zur Bild rüber schielen.

Viele Grüße, Marc.

MarC 2012-03-10 11:35 UTC

2012-01-15

Robespierre ist zurück

Naja, nicht Robespierre in Persona, sondern als Idee – was aber nicht unbedingt besser sein muss. Er wurde ja gerne der "Tugendhafte" genannt und die scheint in den letzten Tagen wieder in der Politik zurück zu sein. Nicht unbedingt in Form der Taliban – die wahrscheinlich mehr mit Robespierre gemeinsam haben, als ihnen lieb sein dürfte – sondern erstaunlicherweise in der westlichen Welt. Ich war schon ein bisschen erstaunt über den Satz von der "weltweiten Empörung" über das Video mit der Leichenschändung der amerikanischen Marines. Das mag vielleicht mit daran gelegen haben, dass ich das zuerst im Radio mitbekommen hatte. Und bis die Kommentatoren dann damit rausrückten, was denn auf den Videoaufnahmen zu sehen ist, hatte ich genug Zeit mir einige Schändungsarten vorzustellen. Ich kam da von total aufgeschlitzten Gesichtern über abgeschnittene Penise zu skalpierten Häuptern und anderen archaischen Bildern und war dann fast ein bisschen erleichtert: "Ach, nur angepisst." Irgendwie will die "weltweite Empörung" nicht so recht zu dem atheistisch oder zumindest agnostischen Bild passen, das ich von der westlichen Öffentlichkeit habe. Und selbst diejenigen, die an ein Jenseits und die Unsterblichkeit der Seele glauben, folgen doch dabei nicht mehr einem alt-ägyptischen Denken, wo der Tote nur einwandfrei einbalsamiert und bestens mit Nahrungsmittel und Gold ausgerüstet, im Drüben weiter kommt. Und das gilt doch nicht nur für den christlichen Glauben im Westen, sondern, soweit ich das als Uneingeweihter beurteilen kann, auch für den muslimischen Glauben. Ich würde zwar niemand dazu einladen und freuen würde ich mich auch nicht unbedingt darüber, aber wahrscheinlich wäre es mir und meiner Seele ziemlich egal, wer da Stunden nach meinem Tod auf meine Körperhülle pinkelt.

Die Frage ist, was wäre anders gewesen, wenn die Burschen kein Video gedreht hätten. Und wenn sie sich das nach einer Nacht drüber schlafen noch mal angesehen hätten? "Oh, Mann, Scheiße! Haben wir das tatsächlich gemacht? Ab mit dem Zeug auf den digitalen Friedhof." Ja, der Vorfall ist bedauerlich und es wäre besser, wenn er gar nicht statt gefunden hätte. Aber das ist ein Grund, um sich dafür öffentlich zu entschuldigen, aber nicht um sich in eine aufgesetzt anmutende Empörung hinein zu steigern. Immerhin gab es hier keine "klammheimliche Freude" zu beobachten. Und das war ja in der Vergangenheit nicht in allen Ländern so, wenn Flugzeuge in Hochhäuser abstürzten oder Raketen aus dem Irak bis nach Israel kamen.

... aber er wird nicht Bundespräsident

Ein ähnliches Phänomen oder vielleicht etwas, das besser mit dem alten Sprichwort, dass man nicht jede Sau, die man findet, auch durchs Dorf treiben muss, beschrieben wäre, lässt sich bei der "Öffentlichkeitskampagne" mit Christian Wulff beobachten. Immerhin ist jetzt der Satz, dass dadurch auch das "Amt des Bundespräsidenten Schaden nehmen würde" nicht mehr so penetrant oft zu hören. Wieso wird da das Bundespräsidentenamt beschädigt, wenn der Herr Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident Scheiß gebaut hat? Keiner der schlauen Kommentatoren, die diesen Satz losgelassen haben, hielt es aber für nötig, zu erklären, in welcher Form da das Amt beschädigt wird. Wie kann man ein Amt überhaupt beschädigen? Ruf und Ansehen sind vielleicht hinüber, aber eben von der Person Christian Wulff und nicht vom Präsidentenamt. Sobald da ein brauchbarer Nachfolger da ist, ist wieder alles wie vorher.

Klar ist die Problematik nicht nur, das da jemand vor Jahren als Ministerpräsident was verbockt hat, sondern wie derjenige jetzt damit umgeht. Aber selbst da habe ich bedingt Verständnis dafür, denn ich wollte mich auch nicht mit Leuten rumschlagen, die mangels anderer wirklicher Neuigkeiten eine Geschichte von einem Hotel- oder Flug-Upgrade ausgraben. Selbst ich habe schon mal ein kostenloses Upgrade in die Business-Class bekommen – weil die Schlauberger von der Lufthansa die Touri-Class überbucht hatten und vorher aber nicht mehr genug ihren Flug gecancelt haben. Und ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich von Geschäftspartnern zum Essen eingeladen worden bin. Das hatte fast schon ungewollte Schnorrer-Tendenzen. Im Ernst, was soll man davon halten, wenn ein Herr Wulff mit seiner Frau ein Upgrade von einem Doppelzimmer in einem Münchner Hotel zu einer bzw. zu zwei Suiten bekommt. Er lag ja immer noch mit seiner Frau im Bett und nicht mit dem Filmproduzenten, der für ihn das Upgrade bezahlt hat – und zumindest das wäre ohnehin seine Privatsache. Allerdings lässt ja der Produzent auch verlauten, dass das ohne Wissen des Herrn Wulff abgelaufen sei. Aha, was heißt das? Dass Wulff weiterhin mit seiner Frau im kargen Doppelzimmer schlief, weil er ja nix von der Suite wusste, und das Hotel sich über die Mehreinahmen freute?

Nachdem ich mich ja nun als Kostgänger geoutet habe, wird's wohl nichts mit meiner Kandidatur zum Bundespräsidenten. Wir könnten natürlich mal wieder eine groß angelegte Kampagne auf diesem Wiki starten …
Aber das muss nicht sein. Abhilfe kommt von höchster Stelle, nein, nicht vom Papst, sondern vom Generalsekretär der UN, von Ban Ki-moon. Der formulierte nämlich in seinem Aufruf an den syrischen Staatspräsidenten "Der frische Wind des Wandels wird nicht abflauen". Durchaus treffend und ergreifend und im Original englischen Wortlaut fast noch ein bisschen markanter.
"The winds of change will not cease to blow."
Aber das ändert nichts daran, dass er das bei den Scorpions geklaut hat. Vielleicht hat er es aber auch nicht geklaut, sondern das lief im gegenseitigen Einverständnis ab, und das war nicht nur eine Warnung an den syrischen Präsidenten Assad, sondern gleichzeitig der Startschuss für eine beispielslose Kampagne, an deren Ende Klaus Meine der neue Bundespräsident sein wird. Da die Scorpions sich ja nach der dritten Abschiedstournee (oder war es erst die zweite?) aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen haben, hat er für einen neuen Job jetzt ja genug Zeit. Nationalhymne statt Stadionhymne? Was soll's, ist ja eh fast das gleiche. Aber das ist nicht die schlechteste Aussicht: Die Nationalhymne vor dem Hintergrund von unzähligen wogenden Feuerzeugen. Na okay, ich korrigiere mich: vor wogenden Feuerzeug-Apps auf dem iPhone.

RolF

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2011-12-08

Eine Volkspartei erfindet sich neu

Da soll noch jemand sagen die CDU wäre streng hierarchisch organisiert und auf Landes- und Kreisebene würde nur wiederholt, was in Berlin von der Parteizentrale vorgegeben wird. Der aktuelle Stimmungsaufwind, den die Union durch den Ausgang der Volksabstimmung aktuell im Lande erlebt, ist anscheinend nicht nur einer Verallgemeinerung des Wählervotums geschuldet "Das Volk hat bei der Abstimmung so gewählt wie unsere Meinung, die wir schon immer so vertraten. Also sind wir die einzig wirkliche Volkspartei.", sondern er ist wohl auch das Spiegelbild einer Revolution von unten. Voller Stolz hat man beim Kreisverband Karlsruhe erkannt, dass eine Volkspartei nicht nur rechts sein kann, sondern dass sie gleichzeitig auch links sein muss. Und dann ist natürlich nur logisch, dass man das auch auf den eigenen Webseiten verkündet.

RolF

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2011-12-04

Ich höre gerade die Nachrichten über den Bundesparteitag der Piraten. Was wird darüber berichtet? Natürlich, dass sie sich für die Legalisierung von Drogen aussprechen. Da frage ich mich doch weshalb sich nach den 7 (oder waren es 8) Prozent der Piratenpartei bei den Berliner Wahlen Land auf und ab, alle aufgeregt haben, dass die gar kein richtiges Programm hätten außer "freie Drogen, freies Internet, freier Nahverkehr". Wenn man sich als Medienmacher als erstes auf das Thema Drogen als Parteitagsberichterstattung stürzt (und zwar auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern und nicht nur im gern zitierten Unterschichten-Fernsehen) dann braucht sich doch niemand zu beklagen.

Dann ist das jetzt doch nur ein nicht zugegebenes Eingeständnis von Neid, dass die Piraten es nämlich besser verstanden haben, auf der Klaviatur des Reisserischen zu spielen. Und jetzt versucht man das nachzuholen.

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2011-11-05

Farbenmemory

Auch wenn es zur Zeit Mode ist, über Griechenland und nicht funktionierende Verwaltungsapparate zu lästern, die noch nicht einmal in der Lage sind ihre lebenden Rentern zu zählen, muss da eine Warnung ausgesprochen werden: Viele, die da lachen über die ach so doofen Griechen, überschätzen sich da gewaltig. Vor allen Dingen, wenn sie aus der Verwaltung Karlsruhe-Neureut kommen. Mit den genauen Deutschen, die ganz Rest-Europa das richtige Mülltrennen beibringen, ist es nicht weit her.

Diese schöne Ansammlung von Altglass-Containern steht in Nereut, Bärenweg. Okay, dass man mal nicht die passende Farbe parat hat, kann vorkommen. Also lassen wir mal den braunen Weißglas-Container außen vor … weiß verschmutzt ja eh in unseren Breiten so schnell, dass von der ursprünglich weissen Farbe bald nichts mehr zu sehen ist. Aber was wollen die uns damit sagen, dass der braune Container nur für grünes Glas ist, und der grüne nur für braune? Ich weigere mich immer noch zu glauben, dass das wirklich nur Dummheit ist. Ist das ein neuer Feldversuch, die Hirne der Bürger aktiv zu halten? Farbempfinden und Lesevermögen sind ja, wenn ich mich richtig erinnere, in unterschiedlichen Gehirnhälften zu Hause.

Sonderlich kreativ läuft diese Suche nach einer Erklärung bei mir nicht ab. Was vielleicht daran liegt, dass sich alle fünf Minuten der Satz "Scheisse, ich glaub's nicht. Für sowas wird tatsächlich jemand bezahlt." wie ein Bleimantel um meine Gedanken legt.

RolF

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2011-04-29

oi rolf! der absolute auasdrucks- und grammatikknaller ist aber der Wagner von der bild!! einfach unglaublich! Samstag (7.5.) wird die bodenplatte betoniert!!! und a feuerwehr steht auch schon im hof!!!

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2011-04-22

Vielleicht hätte ich doch Lehrer werden sollen

Und nicht weil das besser zu einer WG mit deutlicher Neigung zur PH oder genauer zu PH Studentinnen gepasst hätte. Aber das Grauen vor dem Korrigieren von Deutsch-Aufsätzen war zu groß, als dass ich mich auf den pädagogischen Leidensweg (auch BILD beklagt die zunehmende Frustration von Lehrern, ohne das damit zu erklären, dass die zu oft die Die Zeit anstatt der BILD lesen) gemacht hätte.

Wenn ich gewußt hätte, dass ich davor ohnehin nicht verschont bleibe, wäre ich es vielleicht ganz anders angegangen. Andererseits werde ich ja eigentlich von keinem gezwungen, diese Werbeblättchen zu lesen, die im Briefkasten liegen. Wobei es in dem Fall ein bisschen anders gelagert ist, denn die BBBank Info-Zeitschrift ist zwar kostenlos, wird aber wahrscheinlich von mir und all den anderen Genossenschafts-Mitgliedern quer finanziert. Gut, aber jetzt zu den Kostproben (alle aus den Kurzrubriken über Neuigkeiten zum Hausbau)

Die Diele ist in Baumärkten ab März 2011 als Rundloch Hohlkammerdiele in drei Farbtönen (Naturbraun, Nussbraun, Basaltgrau) sowie in zwei verschiedenen Oberflächenvarianten erhältlich. Die Vorteile der Holz-Polymer-Diele sind zahlreich. Sie ist z.B. sehr widerstandsfähig.

Genau, damit hört der Artikel auf! Aber auch beim zweiten Hinschauen wird es nicht mehr als ein zahlreicher Vorteil.

Zugegeben, beim Namen "Eclipse" kommt man nicht sofort darauf, dass es sich um das neue Schiebetürsystem von Jeld-Wen handelt. Doch ähnlich wie eine Sonnenfinsternis ist das platzsparende System mit der sich selbst reinigenden Laufschiene und den Präzisionskugellagern absolut lautlos und sanft.

Sonnenfinsternis, ganz klar, da fallen mir auch als erste Adjektive lautlos und sanft ein.

RolF

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2011-04-01

Die rosa Zeiten sind vorbei

Na ja, müsste allerdings nicht so sein, ist ja meine eigene Entscheidung. Ich könnte ja die neue Wohnung auch wieder in terracotta streichen.

Jedenfalls ist das ein Grund zum Feiern. Dass es mit Neu-Einzugsfeten – bis auf einen Fall 2006-04-30 – bei denen, die die WG-mit-Garten ausmachen, denkbar schlecht aussieht, ist ja bekannt. Von daher wird es eine "4500 Tage WG sind vorbei" Fete an altbekannter Stätte:

Die Feier steigt um 19:00 Uhr im Hof … und im bis dorthin hoffentlich leeren Zimmer. Bier, Kaffee und andere legale Drogen sind da. Und mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit wird auch der Pizza-Ofen in Betrieb gehen.

Weitere Essens- oder Salatwünsche bitte hier anbringen. Den fix-und-fertig Sauerkraut-Ananas Salat wird es diesmal nicht geben – zumindest nicht von mir.

RolF

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